Abholen
Verhandlungsführung wird von vielen Personen als eine Art Geheimwaffe dargestellt, mit der sich andere Personen durch eigene List und besondere Schläue überrumpeln lassen. Verhandlerinnen und Verhandler ähneln in dieser Vorstellung Geheimagenten wie James Bond, die lässig in ihren Ledersesseln warten bis jemand auf Sie zukommt und einen Vorschlag akzeptiert.
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Niemand wird sich von der eigenen Meinung, den vorhandenen Zielen einfach so lösen und auf die andere Seite zugehen. Im stylischen Ledersessel wartet man genüsslich am Cocktail nippend vergeblich.
Um erfolgreich zu sein, sind sich professionelle Verhandlerinnen und Verhandler einer Sache bewusst. Wenn ich jemanden dazu bringen möchte meine Seite zu verstehen und sich von eigenen Positionen zu entfernen, muss ich die Person genau da abholen, wo sie ist.
Das Berufsbild von Verhandelnden hat somit weniger mit einer glamouräsen Geheimagentin oder einem Geheimagenten zu tun, als vielmehr mit einem Liftboy.
Ich muss die einzelnen Etagen mit dem Aufzug anfahren und schauen, wer ob ich dort meine Person finde. Habe ich sie gefunden, muss ich darum bitten einzusteigen und dahin mitzufahren, wo ich hinmöchte.
Abbruch
Bei Verhandlungen sollte man sich immer bewusst sein, dass es nicht immer zu einer Einigung kommen muss. Man kann eine Verhandlung auch abbrechen. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Beispielsweise kann das vorhandene Angebot die eigenen Erwartungen nicht erfüllen. Es kann aber auch sein, dass die Art und Weise, mit der die Verhandlung von der anderen Partei geführt wird, schlicht nicht akzeptabel ist.
Wenn man sich während Verhandlungen immer der Möglichkeit bewusst ist, diese auch abzubrechen zu können, bringt dies mehrere Vorteile. Man verliert die eigenen Ziele nicht so leicht aus den Augen, beachtet die eigene Inanspruchnahme von Nutzen stärker und man lässt sich weniger leicht unter Druck setzen. Somit nimmt das Stressempfinden ab und eine gesteigerte Gelassenheit stellt sich ein.
Damit man aber im Falle eines Abbruchs keine zu großen Nachteile erleidet, sollte man im Vorfeld der Verhandlung nach geeigneten Alternativen suchen.
Selbstverständlich werden diese Alternativen nie den gesamten Nutzen der eigentlichen Verhandlung ausgleichen können, aber der Verlust wird stark begrenzt und vor dem Beginn der Verhandlung bekannt sein.
In unseren Veranstaltungen und Workshops bereiten wir die Teilnehmenden auf diese Situation vor und helfen ihnen dabei, sie besser zu bewältigen.
Alternativen
Alternativen sind in Verhandlungen die stärkste Form von Macht. Ihre Macht speist sich aus zwei Quellen. Zum einen öffnen Alternativen Türen in Options- und Denkräume. Man lernt also Dinge kennen, die für das eigene Auge bislang verborgen waren oder als nicht relevant eingestuft wurden. Beispielsweise findet man heraus, dass andere Personen einen Verhandlungsgegenstand grundsätzlich weiter fassen und mehr Aspekte berücksichtigen als man selbst. Mit diesem neuen Wissen lässt sich der Optionsraum in einer Verhandlung dann erweitern und vergrößern.
Zum anderen wird die Inanspruchnahme von Wert in Verhandlungen erleichtert. Schließlich verringert sich mit einer guten Alternative die empfundene und tatsächliche Abhängigkeit von der anderen Person und einer angestrebten Einigung.
Als Konsequenz sollte die Auseinandersetzung mit Alternativen somit ebenso im Fokus einer Verhandlungsvorbereitung stehen, wie die Betrachtung der anderen Verhandlungspartei und deren Interessen. Gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass Alternativen immer auch im Einflussbereich der Verhandlungparteien liegen und den Wert der Alternativen beeinflussen können.
Ankern
Ankern gehört zweifelsohne zu den bekanntesten Verhandlungstaktiken. Trotz seiner Bekanntheit ist er kein einfaches Verhandlungsinstrument, sondern immer noch ein Meisterstück des Verhandelns.
Das beginnt schon bei der Frage, welche Partei überhaupt einen Anker setzen sollte. Grundsätzlich sollte die Partei ankern, die auch die größte Verhandlungsmacht besitzt und über die beste Alternative bei einem Scheitern verfügt.
Glaubt man zu wissen, wer das Ankern einsetzen sollte, steht als nächstes die Frage an, wann man ankert? Direkt am Anfang oder nach einer "Aufwärmphase"? Ankert man zu früh kann das bei der anderen Partei als respektlos oder drohend aufgefasst werden, was die weitere Verhandlung erschweren würde. Ankert man zu spät, können sich schon Verhandlungserwartungen gebildet haben. Bei der Wahl des Zeitpunkts scheint es sinnvoll, erst dann einen Anker zu setzen, wenn man sich ein Bild der Interessenslagen machen konnte.
Die dritte Frage bezieht sich dann noch auf die Inhalte des Ankers. Hier sollte es allen bewusst sein, dass es sich beim Ankern nicht um ein unveränderbares Commitment handelt, sondern, dass der Anker selbst die Mitte eines möglichen Verhandlungsraums darstellt. Abweichungen nach oben und unten sind damit im Gespräch noch möglich und abhängig von den eingebrachten Argumenten.
Amplification
Die einfachste Möglichkeit in Verhandlungen die Interessen und Bedenken der anderen Person zu erfahren, ist das Zuhören.
So banal das klingt, so oft scheitern wir doch daran.
Anstatt die Gesagte wirklich zu hören, interpretieren wir die Aussage, setzen sie in einen anderen Kontext, erweitern sie mit einem gedachten Nebensatz oder ignorieren sie schlicht.
Warum? Weil es für uns einfacher ist. Weil wir wir ähnliches schön häufig gehört haben und deshalb zu wissen glauben, was gemeint ist oder weil es nicht zu unserem Wunschdenken passt.
Der Wert des Zuhörens liegt in Verhandlungen aber nicht nur auf dem Gesagten, sondern ebenso auf dem, was bewusst ausgelassen wurde. Hier können beispielsweise die Gründe liegen, die die Verhandlung erschweren oder die Möglichkeiten enthalten sein, wie man den Nutzen der Verhandlung noch erhöht. Sobald man das erkannt hat, öffnen sich die Türen zu neuen Möglichkeiten.
Das richtige Zuhören gehört damit zu jenen grundlegenden Fähigkeiten, die man immer wieder verbessern sollte. Zumindest sollte man sich daran erinnern, was es heisst zuzuhören.
Techniken wie das Nachfragen, ob man eine Aussage richtig verstanden hat oder die Zusammenfassung des Gesagten mit eigenen Worten verbunden mit der Bitte, das eigene Verständnis gegebenfalls zu korrigieren, sind ebenso einfach wie wertvoll.
Die Sensibilisierung für das richtige Zuhören und dessen Training ist deshalb immer ein wichtiger Bestandteil aller Veranstaltungen und Workshops.
Ausgraben
Fragt man den Pixar-Regisseur und -Autor Andrew Stanton, wie er seine Arbeit beschrieben würde, zieht er den Vergleich zu einer archäologischen Ausgrabung.
Zu Beginn der Ausgrabung sieht man nur ein Fragment des Dinosauriers und kann nicht sagen, was sich in der Gesteinsformation tatsächlich versteckt. Je mehr und tiefer man gräbt, desto klarer und eindeutiger wird das Bild. Erst am Ende der Ausgrabung hat man aber Gewissheit, um welchen Dinosaurier es sich handelt und wie vollständig das Skelett erhalten ist.
Verhandlungen haben mit dieser Metapher vieles gemeinsam. Auch hier kann man oftmals zu Beginn nicht sagen, wie sich die Verhandlung entwickeln wird und wie das Resultat aussehen wird. Erst mit dem Fortschreiten der Verhandlung wächst das Verständnis für das Mögliche und konkrete Ergebnisse stellen sich ein. Auf dem Weg selbst braucht man viel Geduld. Schließlich will man das noch vergrabene Ergebnis nicht beschädigen oder sogar zerstören. Zudem muss man auch immer anpassungsfähig sein und sich auf die Situation anpassen. Denn die Verhandlung kann sich immer in eine unvorhergesehene Richtung verändern.
Balkontechnik
In Verhandlungen kann es schnell zu emotionsgeladenen Situationen kommen. Das eigene Stressempfinden steigt und man verliert den Fokus auf die Sache.
Eine gute Möglichkeit wieder Selbstkontrolle zu gewinnen, bietet die Balkontechnik. Anstatt sich von der Situation vereinnahmen zu lassen, tritt man aus dem Verhandlungsraum in der eigenen Vorstellung kurz auf den imaginären Balkon heraus. Dort lässt man seinen Blick in die Ferne schweifen und genießt den Ausblick; ein Moment des Durchatmens. Schnell merkt man, wie sich die Anspannung abbaut und man den notwendigen emotionalen Abstand wieder herstellt.
Der Balkon ist kein realer, sondern ein fiktiver Ort, an dem wir uns sicher und wohl fühlen. Für jeden von uns ist es etwas anderes.
In der Vorbereitung auf Verhandlungen sollte man sich also fragen, was denn der eigene "Balkon" ist, auf den man sich kurz zurückziehen kann.
Baustelle
In der Vorbereitung auf Verhandlungen ist die Analyse der Interessen und Positionen der anderen Verhandlungspartei eine Selbstverständlichkeit. Schließlich sind die gewonnenen Informationen für die Festlegung der eigenen Vorgehensweise grundlegend. Was jedoch gerne vergessen wird, ist im Vorfeld die Verhandlung auch intern so weit vorzubereiten, dass man selbst alle relevanten Entscheidungen während der Verhandlung treffen kann; ohne nachfragen zu müssen. Unterlässt man diesen Schritt, schadet man nicht nur dem Verhandlungsprozess, sondern auch dem eigenen Ansehen. Statt einer Baustelle, sollte man also ein bezugsfertiges Haus vorfinden. Diesen kostbaren Tipp gab Frau Dr. Bettina Volkens bei der letzten Verhandlungstagung. Vielen Dank!
Betreff
Wir erhalten pro Tag unzählige Mails und schreiben ebenso viele Nachrichten an andere. Da kann eine Nachricht schnell im Posteingang übersehen oder nicht beachtet werden. Durch die Flut der eingehenden Nachrichten rutscht die Mail dann ins Niemandsland und wird zum Bestandteil der Erinnerungszahl für ungelesene Nachrichten im Posteingangsordner. Trotzdem sind wir selbst überrascht, wenn eine Antwort auf sich warten lässt.
Dabei vergessen wir, dass wir die einfachste Regel beim Schreiben außer Acht lassen. Wir wecken bei der anderen Person keine Neugier und motivieren sie nicht, unsere Mail zu öffnen. Warum? Weil unsere Nachricht entweder keinen Betreff hat oder der Betreff nichtssagend oder langweilig ist.
Eine kleine Übung: Öffnen Sie ihr Mailprogramm und schauen Sie sich die Betreffs der letzten 15 eingegangenen und selbst verfassten Mails an? Wie viele davon sind interessant, witzig, ungewöhnlich oder freundlich?
Gezählt? Wie viele sind es? Null oder weniger als drei? Was steht denn dort am häufigsten? Ich tippe auf den Betreff " " (leer) gefolgt von "RE:". Ist es also überraschend, dass die Mail untergeht?
Mit diesem Wissen einfach die nächste wichtige Mail mit einem guten Betreff versehen. So hebt man sich kurz ab und erhöht die Chance, dass man wahrgenommen wird und eine Antwort erhält.
Bossieren
In der Bildhauerei bezeichnet das #Bossieren, das grobe Behauen des Steins, das nach dem Herausschlagen des Marmorblocks durchgeführt wird. #Michelangelo galt als ein wahrer Meister des Bossierens, da er im Marmorblock schon das fertige Kunstwerk erkennen konnte.
Das Verständnis für die Struktur des Materials und das Anlegen der Statue ist deshalb so entscheidend, da ein falsches Verständnis über die Struktur des Steins dazu führen kann, dass es bei der späteren Bearbeitung des Marmors leicht zu ungewollten Abbrüchen kommen kann. Die erstrebte Kunstwerk wird damit beschädigt oder sogar zerstört.
Marmor ähnelt in dieser Hinsicht Verhandlungen. Verhandler*innen müssen schon zu Beginn das Wesen der Verhandlung und ihrer Verhandlungsparteien erkennen. Fehler oder Nachlässigkeiten zu Beginn der Verhandlung können sich im Verlauf zu ernsthaften Problemen entwickeln und zu einem Scheitern führen.
Verhandler*innen und Verhandeler müssen damit zu Meister*innen des Bossierens werden. Sie müssen durch den Aufbau von Wissen und Erfahrung die Situation richtig einschätzen und von Anfang an das Ergebnis bewusst anlegen.
Chicken
Das Chicken Game oder Angsthasenspiel hat seinen Ursprung eigentlich in der Spieltheorie. Kurz zusammengefasst geht es um eine Mutprobe. Im klassischen Beispiel fahren zwei Autos mit hoher Geschwindigkeit aufeinander zu. Die Person, die zuerst ausweicht, verliert. Weicht niemand aus, kommt es zum Frontalcrash und beide verlieren.
In Verhandlungen kann man die Chicken-Taktik relativ häufig beobachten; vor allem dann, wenn Personen eine distributive oder kompetitive Verhandlungsstrategie bevorzugen.
Ein riesiger Fan der Chicken-Taktik war während seiner Amtszeit Donald Trump, der beispielsweise gerne einmal einen Nuklearkrieg mit Nordkorea in Aussicht stellte, sollte sich Kim Jong-un nicht von seiner Position verabschieden.
Die Chicken-Taktik hat selbstverständlich ihren Wert und führt manchmal auch zu Erfolgen. Gleichzeitig besteht wie bei allen distributiven Taktiken die Gefahr, die Beziehung zur anderen Partei auf Dauer zu beschädigen. Zudem ist immer die Gefahr gegeben, dass niemand ausweicht und man letztendlich mit einem großen Schaden umgehen muss. Hat man das Chicken-Game gestartet, weicht aber selbst aus, nimmt die eigene Reputation erheblichen Schaden und man wird sich in zukünftigen Verhandlungen in einer schwächeren Position wiederfinden.
Ist man in einer Verhandlung, in der jemand das Angsthasenspiel beginnen möchte, ist es ratsam, den Startschuss erst einmal zu ignorieren. Stattdessen kann man die Situation und die möglichen Konsequenzen aufzeigen und die andere Partei dazu aufrufen, noch einmal in sich zu gehen. Hat man sich im Vorfeld mit angemessen mit Alternativen beschäftigt und kann auf eine akzeptable Alternative zurückgreifen, besteht immer die Möglichkeit erst gar nicht am Spiel teilzunehmen. Damit ein Angsthasenspiel startet, braucht es schließlich die Beteiligung aller Parteien. Ist diese nicht gegeben, fährt nur ein Auto los und man selbst steigt erst gar nicht ins Auto ein.
Computer
Die meisten #Verhandlungen führen wir - meist ohne es uns bewusst zu sein - mittelbar. Denn der Großteil unserer beruflichen Kommunikation findet inzwischen in Mails statt. So selbstverständlich wir Mails als Form der Kommunikation und Verhandlungsführung empfinden, so sehr ignorieren wir die Konsequenzen daraus.
Erhalten wir eine #Mail, legen wir viel mehr Aufmerksamkeit auf die Qualität des Inhalts. Schließlich gehen wir automatisch davon aus, dass sich die Person beim Schreiben viele Gedanken gemacht hat und den Inhalt besser aufbreiten konnte als es in einem Gespräch möglich gewesen wäre. Glauben wir, in der Mail negative Elemente erkannt zu haben, gehen wir davon aus, dass diese Inhalte gezielt eingebaut wurden. Zudem haben wir auch noch Zeit, länger darüber nachzudenken. In der Kombination aus beiden Elementen ist man leicht emotional aufgeladen bzw. verärgert.
Mit diesem Wissen sollte man Mails nicht unbedacht schreiben und den Text vorsichtshalber noch einmal auf potenziell negative Merkmale überprüfen. So verringern wir die Gefahr von negativen Konsequenzen für uns selbst. Sind wir die Empfänger einer Mail, sollten wir mit diesem Wissen besser die Unschuldsvermutung aufrecht erhalten und lieber einmal nachfragen, ob unsere Wahrnehmung auch dem Gedachten entspricht.
Couch
In Verhandlungen bieten sich viele Vorteile, wenn man in den eigenen Räumen verhandelt. Man fühlt sich selbst wohler und sicherer in der eigenen Umgebung. Man spart sich die Reisestrapazen. Man kann den Verhandlungsraum so gestalten wie man es möchte und sich so vielleicht sogar in eine bessere Position versetzen.
Das Beste aber ist, dass man in diesem Fall Gastgeber*in sein darf. Man kann also versuchen, dass sich die andere Partei respektiert, gewertschätzt und wohl fühlt. So lassen sich Hürden ab- und Vertrauen aufbauen. Beides trägt dazu bei, dass mehr und bessere Verhandlungsoptionen enstehen und so ein besseres Verhandlungsergebnis erzielt wird.
Dialog
Beginnen Personen mit Verhandlungen, hört man häufig, dass sie einen Dialog gestartet haben. Die meisten Verhandlerinnen und Verhandler starten aber keinen Dialog, sondern eine Debatte.
Einen Dialog kennzeichnen Dinge wie eine offene Grundhaltung, das Teilen von Informationen, Einblicke in Persönliches in Bezug auf den Verhandlungsgegenstand oder das Entdecken und Lernen von Neuem. Personen erfahren und geben damit Dine in Dialogen preis, die bislang unbekannt waren oder wollen das Verständnis in Bezug auf den gegebenen Sachverhalt vertiefen.
In Debatten geht es hingegen darum, die andere Person zu überzeugen und zu gewinnen. Es gilt also, Möglichst gute Argumente zu finden, mit denen man die Oberhand gewinnen kann. Alles startet damit, dass man die eigene Position als legitim darstellt und dann schrittweise die andere Person dazu bewegt, sich von eigenen Punkten zu verabschieden.
Für Verhandlungen ist das Vernachlässigen des Dialogs gefährlich. Schließlich wird das Schaffen von Wert vollkommen oder zumindest erheblich erschwert. Man sollte sich also immer bewusst machen, ob man gerade in einer Phase ist, in der man Wert einfordert oder schafft. Will man Wert einfordern - was eher am Ende der Verhandlung wichtig wird - muss man gut debattieren, will man aber erst einmal die Verhandlungsmasse schaffen, sollte man darauf achten einen Dialog zu führen.
Eis
Wenn ich meine Kinder frage, was sie gerne essen wollen, erhalte ich häufig die Antwort "#Eis". Eine sehr konkrete Antwort. Die Antwort wird sogar noch weiter konkretisiert, da ich relativ schnell auch noch die Geschmacksrichtung erfahre und den Hinweis bekommen, dass auch noch Streusel auf das Eis sollen. Ich bekomme also nicht nur einen allgemeinen Hinweis, dass etwas Süßes gewünscht wird und müsste dann aus den vielen Möglichkeiten einen wahrscheihnlich falschen Vorschlag machen. Nein, ich weiß ganz konkret, was gerade gewollt wird.
Jonah Berger hat sich intensiv mit Sprache auseinandergesetzt und kommt auf Basis seiner Studien auf die Vorteilhaftigkeit von #Konkretheit in der Sprache. Spricht man beispielsweise die Vorteile des eigenen Produkts direkt und konkret an, anstatt sie hinter Phrasen zu verstecken, steigert das den Umsatz. Wiederholt man den Wunsch einer Person sehr konkret, fühlt sich die Person besser verstanden.
In Verhandlungen sollte man also auch hier immer darauf achten, möglichst konkret zu sprechen, um die eigene #Überzeugungskraft zu steigern.
Explodieren
Verhandlungen besitzen immer das Potenzial sich emotional aufzuladen. Argumente werden nicht akzeptiert oder schlicht ignoriert, Halb- oder Unwahrheiten werden offengelegt oder der Prozess bewegt sich nur langsam in die gewünschte Richtung. Manchmal ist es auch nur die eigene emotionale Verfassung, die den Charakter eine Verhandlung verändert.
In Ausnahmefällen kann es dann dazu kommen, dass wir die Fähigkeit zur Emotionsregulierung verlieren bzw. bewusst ignorieren und sprichwörtlich explodieren. Dinge, die wir uns sonst nur denken würden, finden den Weg in das Gesprochene.
Die Explosion wirkt dann wie eine Katharsis, in der unterdrücke Gefühle zum Vorschein kommen und man sich selbst eine Form der Erleichterung verschafft.
Das große Problem ist dabei jedoch die Dauerhaftigkeit des erleichternden Gefühls. Denn meistens folgt der Explosion sehr schnell die Einsicht, über das Akzeptable hinausgegangen zu sein. Das eigene Verhalten erscheint unangemessen und unverhältnismäßig. Statt befreit zu sein, stellt sich ein schlechtes Gewissen ein und wir bereuen den Ausbruch.
In der Vorbereitung auf Verhandlungen sollte man sich deshalb gezielt mit den eigenen Mustern auseinandersetzen, um frühzeitig Signale für eine drohende Explosion zu erkennen. Erst und nur dann kann man durch mit Hilfe von trainierten Instrumenten das Unglück meistens abwenden.
Espresso
Eine besondere Schwierigkeit besteht darin, neue und bislang unbekannte Personen für eine Verhandlung zu gewinnen. Dies ist vor allem dann gegeben, wenn die Verhandlung für die andere Person auf den ersten Blick von geringem Nutzen ist. Gerade Start-ups sind häufig mit dieser Problematik konfrontiert, wenn sie mit etablierten und großen Unternehmen zusammenarbeiten wollen. Für die Ansprechpartner in den etablierten Unternehmen ist die Anfrage des Start-ups zuerst eine von vielen Mails, die in Anbetracht der hohen Aufgabendichte aus Zeitgründen ignoriert wird.
Es stellt sich also die Frage, wie man diese Hürde doch erfolgreich nehmen kann. Wie schaffe ich es, die Aufmerksamkeit der anderen Personen zu erlangen und ihr die Angst zu nehmen, dass das Erstgespräch wertvolle Zeit in Anspruch nimmt?
Ich lade in diesen Fällen die Personen immer zu einem Espressogespräch ein. Dabei handelt es sich in den wenigsten Fällen um ein persönliches Treffen, bei dem man sich tatsächlich trifft. Vielmehr möchte ich von vornherein den Zeitumfang des Gesprächs festlegen und kommunizieren. Einen Espresso trinkt man genussvoll in fünf bis fünfzehn Minuten. Mehr Zeit braucht es auch für das erste Gespräch nicht. Diese fünf bis fünfzehn Minuten sind für die meisten Menschen leicht machbar. Die Wahrscheinlichkeit überhaupt ins Gespräch zu kommen, steigt erheblich.
Diese kurze Zeit reicht auch aus, um sich selbst einen Eindruck der anderen Person und der Möglichkeit zu verschaffen. D.h. man spart auch für sich selbst Zeit.
Applikationen wie Calendly bieten hier eine weitere Erleichterung an. Ist man bereit ein fünfzehn Minuten Gespräch zu führen, kann man im eigenen Kalender Zeiträume festlegen, in denen die kurzen Gespräche möglich sind. Die anfragende Person kann dann aus diesen Zeiträumen den Zeitblock wählen. Eine weitere Zeitersparnis.
Das Espresso-Gespräch eignet auch für viele Abstimmungsgespräche im beruflichen Alltag. Denn viele Termine werden unnötig lange angesetzt oder geführt. Das Verhältnis der geplanten Zeit und des bestehenden Klärungsbedarfs ist dabei nicht gegeben.
Fluch des Gewinnenden
Kann man mit einem Verhandlungsergebnis unzufrieden sein, auch wenn der eigene Vorschlag angenommen wurde? Ja!
Ein schönes Beispiel ist hierfür "Der Fluch des Gewinnens". Man macht einen Vorschlag, der von der anderen Partei ohne Zögern akzeptiert wird. An sich müsste man jetzt über das Ergebnis glücklich sein. Schließlich hat man genau das bekommen, was man sich vorgenommen hat. Doch durch das Ausbleiben einer Verhandlung keimt nun der Zweifel. Warum hat die andere Partei direkt zugesagt? Gibt es etwas, das ich nicht weiß, was aber mein Ergebnis hätte verbessern können? Hätte ich mehr Wert für mich in Anspruch nehmen können?
Statt zufrieden zu sein ,geht man am Ende mit einem schlechten Gefühl au der Verhandlung.
Wie kann man das vermeiden?
Als die Person, die den Vorschlag macht, kann man zuerst versuchen, die Sicht der anderen Partei noch besser zu verstehen und so die Verhandlungsspanne besser abschätzen.
Als die Person, die das Angebot bekommt, gilt: Lieber ein bisschen verhandeln, auch wenn man direkt zufrieden ist. Vielleicht kann man das Ergebnis so noch ein bisschen für sich verbessern. Auf jeden Fall geht die andere Person mit einem besseren Gefühl aus der Verhandlung, was zukünftige Verhandlungen mit dieser Person positiv beeinflussen kann.
Fertig
Wann ist eine Verhandlung abgeschlossen? Wenn man sich geeinigt hat. Doch wann kann man sich sicher sein, dass auch ein gemeinsame Verständnis für eine Einigung vorliegt?
So simpel und offensichtlich das zu sein scheint, so unklar kann es in Verhandlungen dann doch sein.
Diese Unschärfe hat ihre Wurzeln in unterschiedlichen Gründen. Es kann beispielsweise sein, dass man die Situation grundsätzlich falsch einschätzt. Während man glaubt, alles geklärt zu haben, hat die andere Verhandlungspartei noch Gesprächs- und Klärungsbedarf. Ebenso kann es sein, dass zwar eine grundsätzliche Einigung vorliegt, die Verhandlungsergebnisse nach der Einigung aber noch konkretisiert bzw. in einem Vertrag festgehalten werden müssen. Dabei können Differenzen aufgedeckt werden, die bis dahin verschleiert waren.
In Verhandlungen gilt es also immer, sich kontinuierlich über den Grad der Einigung zu vergewissern. Nur so kann man Missverständnisse und Probleme vermeiden.
Manche Verhandlerinnen und Verhandler nutzen übrigens diese Unschärfe, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Sobald ein Stand in der Verhandlung erreicht ist, der den eigenen Interessen entspricht, wird die Verhandlung als beendet und abgeschlossen erklärt. Die Zustimmung der anderen Partei wird nur noch einmal "wiederholt". Dies nennt man auch die "Assume-the-close"-Technik. Auf derartige Überrumplungstaktiken sollte man sich immer vorbereiten und die Situation klarstellen.
Hat man das Gefühl, dass die Taktik zum Einsatz kommt, sollte man aber erst einmal ruhig bleiben und die Situation klarstellen. Schließlich kann die andere Person schlicht ohne böse Absicht gehandelt haben und selbst ein Opfer der Unschärfe sein.
Fragezeichen
In Verhandlungen liegt eine Hauptaufgabe darin, die andere Seite zu überzeugen. Nur so lassen sich eigene Interessen bei unterschiedliche Anfangssichtweisen realisieren. Gute Argumente sind eine Säule auf denen Überzeugungskraft ruht. Die Darstellung der Argumente eine wichtge zweite Säule.
Bei der Darstellung der Argumente wird viel Aufwand betrieben, um die Reihenfolge festzulegen. Sollte das wichtigste zu Beginn oder am Ende stehen? Für beide Möglichkeiten sprechen gute Gründe. Was aber ist mit dem Abschluss und der Zusammenfassung der eigenen Argumente? Die meisten würden mir hier antworten, dass die Zusammenfassung, die wichtigsten Punkte noch einmal in einer Aussage zusammenfasst. Aber warum muss es eine Aussage sein? Gibt es nicht noch eine andere Möglichkeit?
Ja, die gibt es. Man kann auch eine einfache Frage als Abschluss stellen und somit die Beantwortung der Frage bei der anderen Partei ansiedeln. Mit der Frage beginnt die andere Person selbst zu reflektieren und zieht dafür alle Argumente für die Überlegung heran. Kommt die Person letztendlich zum gewollten Ergebnis, ist die Wirkung viel stärker, als wenn man ihr das Ergebnis sagt.
Mit der Fragetechnik ist kein Automatismus verbunden. Daher sollte man sehr gut überlegen, wann man die Technik einsetzt. Denn im schlimmsten Fall kommt die andere Person zum vollkommen gegensätzlichen Schluss, womit die Überzeugung gescheitert ist. Die Fragetechnik sollte also nur dann eingesetzt werden, wenn die Schlussfolgerung quasi feststeht.