Gatekeeper
Eine große Schwierigkeit liegt in Verhandlungen oftmals darin, überhaupt erst eine Möglichkeit zu bekommen, mit der gewünschten Person direkt zu sprechen, mit der man verhandeln möchte. Denn zwischen ihr und uns steht gerne ein Gatekeeper.
In Unternehmen sind das meistens persönliche Assistent*innen, die die Terminplanung der Führungskräfte durchführen. Folgt man dem Ratschlag von Heinrich von Pierer, ist man also gut beraten, ein gutes Verhältnis zu den Gatekeepern aufzubauen und zu pflegen. So wird es dann vielleicht auf einmal kurzfristig möglich, einen (kurzen) Termin im doch so vollen Kalender zu bekommen oder man bekommt vor einem Gespräch eine wichtige Information zur Gemütslage der Gesprächspartnerin bzw. des Gesprächspartners. Wenn man Glück hat, legt die Person sogar ein gutes Wort für uns und unsere Vorschläge ein.
Gewappnet mit diesem Wissen und dieser Erkenntnis, verbessert sich über die Zeit die eigene Verhandlungsführung. Entweder weil die eigenen Erwartungen besser werden und/oder weil man sich weniger auf die eigenen Erwartungen verlässt.
Gehen
Wie sollte man sich verhalten, wenn eine Verhandlungspartei beharrlich unverschämte Forderungen auftstellt oder sich in einer vollkommen inakzeptablen Art und Weise verhält?
Die Antwort ist einfach: Gehen.
Wir vergessen leicht, dass Verhandlungen zwar hinter geschlossenen Türen stattfinden, aber geschlossen eben nicht verschlossen bedeutet. Wir haben damit immer die Möglichkeit und die Freiheit aufzustehen und zu gehen. In machnen Fällen ist das Gehen auch die einzige Möglichkeit, eine festgefahrene oder unangemessene Situation zu beenden.
Ein respektvoller Hinweis auf die wahrgenommene Schiefe der Situation reicht als Begründung aus, um das Gehen zu legitimieren. Im Gegensatz zu einem Abbruch der Verhandlung sollte man beim Gehen noch auf die Möglichkeit der Fortführung der Verhandlung hinweisen und die Wiederaufnahme sogar als die gewünschte Option hervorheben.
Damit wird das Gehen zu einer Pause und einer Möglichkeit die Situation neu zu durchdenken; für beide Seiten.
Geholfen oder geschadet?
Verhandeln Sie trotz oder wegen Ihrer Verhandlungsführung erfolgreich? Könnte der Verhandlungserfolg vielleicht größer sein?
Diese beiden Fragen stelle ich den Teilnehmenden in Workshops, Veranstaltungen und Vorlesungen fast immer direkt am Anfang.
Viele Personen glauben, gut zu verhandeln, da sie Erfahrung mit Professionalität gleichsetzen.
Wie bei allen Fähigkeiten macht aber erst die Kombination aus Training, Übung, Anwendung und Reflexion die Meisterin oder den Meister über die Zeit.
Den Startpunkt bei dieser Reise stellt ein realistisches Bild der eigenen Fähigkeiten und Herangehensweisen dar. Wie also ist es bei Ihnen?
Schadet oder hilft Ihre Art in Verhandlungen?
Geschenk
Letzte Woche wurde mit Kevin McCarthy zum ersten Mal in der Geschichte der USA ist ein Vorsitzender des Repräsentantenhauses abgewählt. Die Abwahl lässt sich auf eine extreme Prinzipientreue zurückführen, die das Eingehen von Kompromissen in Verhandlungen als Schwäche oder sogar als vollständige Aufgabe von Idealen und Werten beurteilt. Auch wenn das Beispiel von McCarthy auf Grund seiner Bedeutung heraussticht, ist diese Einstellung leider kein Einzelfall und auf die politische Situation in den USA beschränkt, sondern lässt sich immer häufiger in Verhandlungen beobachten. Personen und Gruppen fühlen sich im absoluten Recht und zeigen damit keinerlei Kompromissbereitschaft. Der eigene Standpunkt ist absolut und unumstößlich. Verhandlungen sind unrechtmäßig.
In demokratischen Gesellschaften und Organisationen braucht es aber Verhandlungen und Kompromisse, um etwas zu bewegen und zum Besseren zu verändern. Schließlich ist man auf die Unterstützung und das Engagement anderer angewiesen. Kompromisse sind damit - bis auf extreme Ausnahmen - notwendig und vollkommen legitim. Kompromissbereitschaft schafft darüberhinaus die Möglichkeit mehr über ein Thema zu erfahren und bessere Lösungen zu erarbeiten, da man durch Zuhören und die Hinzunahme von Perspektiven ein tieferes Themenverständnis aufbauen kann.
Statt Verhandlungen und Kompromisse per se abzulehnen, sollte man sie als das sehen, was sie sind. Etwas Wunderbares und ein Geschenk!
Geschichte
In Verhandlungen macht man immer wieder Fehler. Eine gute Möglichkeit aus den Fehlern zu lernen, ist sie im Nachgang noch einmal strukturiert und systematisch zu analysieren. Dabei sollte man darauf achten, nicht den Fehler zu begehen, einfache Muster zu erkennen, die aus heutiger Sicht zu dem Ergebnis geführt haben müssen. Vielmehr sollte man sich darum bemühen, die damalige Situation wie eine Historikerin bzw. Historiker zu betrachten und zu begreifen oder wie die ehemalige Außenministerin der USA, Madeleine Albright, empfiehlt: "Try to understand what you were thinking and why you chose the path you took give the information you had."
Gitarre
Metallica gehört zu den erfolgreichsten Metalbands aller Zeiten und hat mit Master of Puppets oder Enter Sandman Metalhymnen geschrieben. Bis zu Beginn der 2000er waren die kreativen Entscheidungsprozesse laut James Hatfield und Lars Ulrich bei Metallica vor allem durch Konflikte und Dominanzspiele geprägt, was manchmal auch zu körperlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Band führte. Bei der Aufnahme des Studioalbums St. Anger veränderte die Band jedoch durch den Coach, Phil Towle, ihre Art der Zusammenarbeit. Statt gegeneinander zu arbeiten und eigene Interessen rücksichtslos durchsetzen zu wollen, wurde eine offene Kommunikationskultur entwickelt, in der Interessen offen ausgesprochen und in der Band abgewogen wurden. Für den neuen Bassisten Robert Trujillo war und ist das eine beeindruckende Erfahrung und ein besonderes Charakteristikum der Band. Durch die Veränderung ihrer Verhandlungsweise ist die Band nach eigenen Aussagen noch stärker zusammengewachsen und besser geworden.
Das Beispiel von Metallica zeigt, welche Vorteile entstehen, wenn man von einer konfliktorientierten und dominanzgeprägten, zu einer kooperativen Verhandlungsführung wechselt.
Gold
Konkrete Sprache hat viele Vorteile. Durch Konkretheit lassen sich nicht nur Missverständnisse reduzieren, sie erleichtert vor allem das Verständnis.
Konkrete Sprache ist trotz aller Vorteile jedoch nicht immer von Vorteil.
In 2021 veröffentlichten Laura Huang, Priyanka Joshi, Cheryl Wakstak und Andy Wu einen phänonmenalen Artikel im renommierten Academy of Management Journal. In ihrer Studie untersuchen sie, weshalb Frauen in #Investorengesprächen tendenziell schlechter abschneiden als Männer. Sie fanden dabei heraus, dass Frauen im Vergleich zu Männern in Investorengesprächen die Tendenz besitzen, ihre Unternehmen mit einer konkreteren Sprache zu beschreiben. Damit gelang es ihnen schlechter die Investoren für sich zu gewinnen. Denn durch die Konkretheit wurde es den Investoren erschwert, das langfristige #Wachstumspotenzial wahrzunehmen.
In #Verhandlungen sollte man somit immer abwägen, was das Ziel des Gesagten sein soll. Möchte man wie im Beispiel der Investorengespräche die Phantasie der anderen Seite anregen, schläft #Abstraktheit #Konkretheit.
Gravitation
In Verhandlungen, aber auch grundsätzlich, sollte man ein Gefühl dafür haben, wie man eine Situation durch Anwesenheit verändert. Wie verändert sich beispielsweise das Verhalten der anwesenden Personen, nur weil man da ist. Nehmen Personen beispielsweise eine passivere Rolle ein oder versuchen manche besonders die Aufmerksamkeit jetzt auf sich zu ziehen? Spricht jemand jetzt weniger oder mehr? Verändert sich der Inhalt des Gesprächs, weil Dinge verschwiegen oder besonders betont werden sollen? All diese Fragen stellen nur einen Ausschnitt dessen dar, was sich wirklich verändern kann. Gerade Führungskräfte können Geschichten davon erzählen, als auf einmal Personen aufhörten miteinander zu sprechen, als sie den Raum betraten oder auf einmal ein Ideenaustausch endete.
Ein interessanter Aspekt davon ist, dass dies unabhängig davon ist, ob die Führungskraft als sympathisch wahrgenommen wird oder nicht. Es geht um die reine Anwesenheit.
Gerade in Verhandlungen sollte man sich schon vorab die Frage stellen, ob die eigene Anwesenheit sich eher positiv oder negativ auswirken könnte. Während Verhandlungen sollte man aufmerksam für Hinweise sein, die einen Rückschluss auf die Wirkung der eigenen Anwesenheit liefern und entsprechend reagieren. Man übt immer ein Form von Gravitation aus!
Hamster
Wie möchte man in einer Verhandlung von der anderen Partei wahrgenommen werden? Wahrscheinlich stark, mächtig, einflussreich und groß. Um das zu erreichen, setzen wir viel daran, dieses Bild von uns vor und in Verhandlungen zu kreieren. Tom Eilers gab bei der Verhandlungstagung einen anderen Tipp. Manchmal macht es Sinn möglichst klein zu erscheinen. Ist man klein, schrumpft die Erwartungshaltung bei der anderen Partei an die zu erwartenden Leistungen und Werte. Denn das Kleinsein deutet eher auf sehr begrenzte Mittel hin. Und wo es wenig Mittel gibt, kann man auch wenig holen.
Durch dieses Vorgehen, werden überzogene Forderungen weniger wahrscheinlich. Schließlich ist sich die andere Partei bewusst, dass bei einer zu hohen Forderung die Verhandlung direkt scheitern würde.
Mit Blick auf die gegenseitigen Beziehungsinteressen und das eigene Ansehen, sollte man diese Taktik aber nur wählen, wenn es auch der Wahrheit entspricht. Stellt sich nach einer Einigung heraus, dass alles nur gespielt war, verspielt man seine soziale Währung.
Hilfe
In Workshops und Vorlesungen frage ich gerne, wie bereitwillig die Anwesenden Hilfe und Unterstützung anbieten, wenn sie danach gefragt werden. Die überwiegende Mehrheit oder sogar fast alle Befragten geben an, selbstverständlich zu helfen oder zu unterstützen, wenn es möglich ist.
Danach frage ich, wie häufig denn die Personen selbst nach Hilfe oder Unterstützung fragen und diese nutzen. Hier zeigt sich ein vollkommen anderes Bild. Nur wenige gehen auf andere Personen zu.
Als Gründe hierfür werden unterschiedliche Dinge genannt. Manche möchten nicht schwach erscheinen, andere empfinden es schlicht als unangenehm oder wollen anderen nichts schuldig sein und wieder andere kommen erst gar nicht auf den Gedanken.
Es gibt also eine große Spanne zwischen der vorhandenen Hilfs- und Unterstützungsbereitschaft gegenüber anderen auf der einen Seite und deren Inanspruchnahme durch einen selbst auf der anderen.
Für Verhandlungen ist das ein großes Problem. Denn oftmals liegt genau dort die gesuchte Lösung.
Sich helfen zu lassen, ist kein Zeichen von Schwäche. Tatsächlich ist es ein wahres Zeichen von Stärke. Man gesteht sich und anderen gegenüber ein, nicht alles zu können und alles allein zu schaffen. Man braucht andere und ist auf sie angewiesen. So respektiert man ihre Stärke und kann durch das Fragen und die angenommen Hilfe die Wertschätzung für deren Fähigkeiten und Kompetenzen zum Ausdruck bringen.
Es braucht auch niemanden unangenehm sein. Schließlich empfindet man es selbst nicht als aufdringlich, sondern als selbstverständlich und natürlich.
Man steht auch niemandem in der Schuld. Vielmehr öffnet man die Tür, dass man in der Zukunft selbst um Hilfe und Unterstützung gefragt wird. Dadurch kann sich die persönliche Beziehung zur anderen Person verbessern. Es kann sogar sein, dass eigene Interessen in der Entscheidungsfindung mehr berücksichtigt werden, da man gehört wird.
Hecke
In Gesprächen neigen wir dazu, eigene Standpunkte leicht abgeschwächt zu formulieren. Mögliche Ergebnisse werden im Konjunktiv vorgestellt oder wir nutzen Wahrscheinlichkeiten, um auf das Erfolgspotenzial hinzuweisen. Sehr gerne unterstreichen wir auch die Subjektivität der Aussage durch Formulierungen wie "meiner Meinung nach" oder "es scheint für mich".
Grundsätzlich ist daran nichts falsch. In vielen Fällen ist es sogar von Vorteil oder schlicht notwendig, so vorzugehen. Schließlich gibt es in den meisten Fällen keine hundertprozentige Gewissheit und so ist es nur fair eine vorsichtige Darstellung zu nutzen, um niemanden zu täuschen.
Gleichzeitig sollte man sich aber bewusst sein, dass jede noch so leichte Einschränkung die eigene Überzeugungskraft erheblich schwächt. Denn durch die Abschwächung senden wir das Signal der Unsicherheit und des Zweifels.
Peter T. Coleman, Professor für Sozialpsychologie und Forscher im Bereich Konfliktlösung und nachhaltiger Frieden an der Columbia Universität, verwendet für dieses Sprachverhalten den Begriff "Hedging". Wir verstecken unsere Aussagen hinter einer sprachlichen Hecke.
In Verhandlungen sollte man sich sehr genau überlegen, ob man eigene Standpunkte und Interessen hinter eine Hecke platzieren will. Die Entscheidung liegt bei uns. Sie darf nur nicht unüberlegt getroffen werden. Denn die Wirkung kann erheblich sein.
Januskopf - Empathie
Ein Verständnis für die emotionale Situation der anderen Verhandlungsperson kann in vielen Fällen der Grund für eine erfolgreiche Verhandlung sein. Schließlich kann man durch das Verständnis eventuell den vorhandenen Optionsraum erweitern, Hürden reduzieren oder gar vollständig beseitigen sowie Möglichkeiten finden, die eigene Überzeugungskraft zu erhöhen.
Das heisst aber nicht, dass Empathie grundsätzlich und immer zu besseren Ergebnissen führt und keine Obergrenze kennt.
So hilfreich Empathie ist, so sehr sollte man sich die Frage stellen, ob man vielleicht eigene Interessen aus dem Auge verliert oder durch ein zu hohes Verständnis notwendige Forderungen für das Weiterkommen in Verhandlungen vernachlässigt.
Der Nutzenverlauf von Empathie gleicht damit keiner stetig, steigenden Linie, sondern eher einem umgedrehten U. Keine und wenig Empathie ist ebenso problematisch, wie zu viel davon. Das beste Ergebnis liefert eine gesundes Maß an Empathie, bei dem man immer noch den Blick auf das Wesentliche hat.