Redepause

 Fragt man Personen, wie Sie die Zeit beschreiben, in der eine andere Person spricht, kann man häufig zwischen den Zeilen lesen, dass es eigentlich nur eine Redepause ist. 
Man wartet, bis man selbst wieder sprechen kann. Dauert das gefühlt zu lange, möchte man die andere Person unterbrechen. D.h. viele hören gar nicht wirklich zu, sondern warten nur darauf, selbst wieder sprechen zu können. 
Um zumindest den Anschein zu erwecken, dass man zuzuhört, wird ein Schnipsel der anderen Person aus deren Anfangsworten genommen und darauf reagiert. Man nutzt die restliche Sprechzeit der anderen Person, um die eigene Antwort vorzubereiten.
Mit dieser Vorgehensweise nimmt man sich in Verhandlungen die Chance etwas über die andere Person und deren Interessen zu erfahren. Das wäre aber wichtig, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Schließlich braucht man für eine Einigung die Zustimmung der anderen Person. Dafür muss sich die andere Person gehört, verstanden und im Vorschlag berücksichtigt fühlen.
Für die Vorbereitung auf Verhandlungen gehört es somit dazu, den Drang zu reden zu reduzieren und vielmehr im Jetzt bei der anderen Person zu sein. 

Regeln

Regeln beeinflussen unser Verhalten und bieten uns einen Orientierungspunkt. Sie geben uns Sicherheit und schaffen einen Rahmen, in dem wir das Verhalten anderer besser abschätzen oder vorhersagen können. Verhandlungen laufen jedoch häufig ohne explizite Regeln ab. Die Verhandlungsparteien treten in einen Austausch und versuchen eine Einigung zu erzielen. 

Dabei besitzen alle Verhandlungsgruppen eine Erwartungshaltung an das Verhalten der anderen Partei. Sind die Erwartungshaltungen ähnlich oder übereinstimmend, wird die Verhandlung positiv wahrgenommen. Unterscheiden sich die Erwartungshaltungen, kann es schnell zu Problemen und Konflikten kommen. 

Man sollte sich deshalb im Vorfeld von Verhandlungen überlegen, ob man gemeinsam verbindliche Regeln für die Verhandlung aufstellen möchte. Probleme und Unstimmigkeiten lassen sich so von vorneherein reduzieren oder sogar auszuschließen. 

Die Regeln können dabei den Verhandlungsprozess betreffen; d.h. wann, wie und wo wird verhandelt. Sie können ebenso die Reihenfolge der Verhandlungspunkte festlegen oder die Art und Weise bestimmen, wie Konflikte strukturiert und systematisch gelöst werden.

Existieren verbindliche Verhandlungsregeln, können sich die Verhandlungspartei viel stärker auf die Inhalte der Verhandlung konzentrieren und können Strukturfragen weitestgehend vernachlässigen. Die Wahrscheinlichkeit eines guten Verhandlungsergebnisses steigt erheblich.

Reisen

Stehen wir vor der Wahl, wo eine Verhandlung stattfinden soll, bevorzugen wir schnell unser eigenes Büro bzw. unseren Standort. Wir sparen uns damit Reiseunannehmlichkeiten durch die An- und Abreise und können die Verhandlung in einer gewohnten Umgebung führen, was Sicherheit bieten kann.

Sollten wir also immer versuchen, die Verhandlung bei uns durchzuführen? Hier lautet die Antwort eindeutig nein. Nehmen wir die Reisestrapazen auf uns, signalisieren wir der anderen Partei dadurch, dass uns die Verhandlung wichtig ist und wir die andere Partei wertschätzen. Zudem möchten wir, dass sich vor allem die andere Partei sicher und wohl fühlt. Dies kann uns in Verhandlungen helfen und ein Entgegenkommen wahrscheinlicher werden lassen.

Die Verhandlung bei der anderen Partei zu führen, bietet uns aber auch noch weitere Vorteile. Man kann Eindrücke über das Unternehmen oder die Person sammeln, die sonst verborgen blieben und die gewonnenen Erkenntnisse in die Verhandlung einfließen lassen. 

Insgesamt sollte man somit immer gut überlegen, ob die Vorteile einer Reise die Nachteile überwiegen. Bequemlichkeit ist dagegen kein guter Ratgeber.

Risse

Wie kann man jemanden dazu bewegen, von der eigenen Meinung abzurücken oder die Meinung zu verändern? Diese Frage gilt es in #Verhandlungen häufig zu beantworten. Die Grundvoraussetzung für eine #Meinungsänderung liegt in der Offenheit für neue oder abweichende Informationen. Mit einer starren Haltung und einer vehementen Vertretung des eigenen Standpunkts kommt man hier meistens nicht weiter.
Eine vielversprechende Möglichkeit liegt darin, kleine #Risse in der eigenen Meinung zu kommunizieren. Ein kleiner Hinweis, dass man selbst nicht 100 % sicher sein kann oder dass es auch Argumente gibt, die in eine andere Richtung deuten, können die Bereitschaft bei der anderen Partei. erhöhen, neue Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Denn jetzt stellen die Aussagen keinen Angriff auf die andere Person dar und Abwehrmechanismen kommen nur reduziert zum Einsatz.

Rückschau

Nach dem Eintreten eines Ereignisses treten zwei Dinge auf. Wir erkennen in der Entstehung des Ereignisses oftmals ein Muster, das "zwangsläufig" zum Eintreten geführt hat und wir überschätzen die Wahrscheinlichkeit des Eintretens selbst.

Man nennt das auch den Rückschaufehler oder HindsightBias, der auch in Verhandlungen von hoher Bedeutung ist. Beispielsweise kann sich durch diese Verzerrung die Möglichkeit schmälern, aus einer abgeschlossenen Verhandlung zu lernen. Denn Fragen wie "Welche Momenten waren tatsächlich entscheidend?" oder "Welche Verhaltensweise haben einen positiven Effekt hervorgebracht?" werden nach Beendigung einer Verhandlung durch den Rückschaufehler häufig nicht mehr gestellt oder falsch beantwortet. Stattdessen wird das erkannte Muster als Begründung akzeptiert. 

Dies ist auch ein Grund, weshalb erfahrene Verhandlerinnen und Verhandler das eigene Verhandlungsgeschick eventuell falsch einschätzen und ihren Beitrag zum Ergebnis nicht erkennen. 
Möchte man aus den eigenen Verhandlungen wirklich lernen und besser werden, gilt es deshalb nicht nur eine Nachbesprechung durchzuführen, sondern die jeweilige Verhandlung durchgängig und direkt zu dokumentieren und zu reflektieren. Erwartete und unerwartete Entwicklungen werden dadurch sichtbarer und die Wirkung eigener Handlungen leichter zu erkennen. 

Schauspiel

Beobachtet man Verhandlungen aus der Entfernung kann man manchmal den Eindruck gewinnen, Zuschauer eines Schauspiels zu sein. Die Verhandlungsparteien konzentrieren sich vor allem auf ihr Bühnenprogramm für die breite Öffentlichkeit, während die eigentliche Verhandlung für den Moment in den Hintergrund rückt. Das Schauspiel läuft dabei nach einem über die Zeit herausgebildeten Skript ab, dessen Verlauf die Zuschauer schon vorhersagen können. Das Ende bildet dann häufig eine Marathonsitzung, in der tief in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden denn dann doch eine Einigung gefunden wurde; ausgelaugt und übermüdet präsentieren sich die Verhandlungsparteien genau rechtzeitig für die Morgennachrichten mit dem Ergebnis. 

Man fragt, sich also, weshalb es das Schauspiel braucht. Gründe für dieses Schauspiel sind schnell zu finden. Zum einen ist es vollkommen legitim, dass Verhandlungsparteien ihre Machtinstrumente einsetzen und Forderungen mithilfe von Aktivitäten Nachdruck verschaffen. Zum anderen kann man die öffentliche Meinung für die eigenen Zwecke sensibilisieren und so die eigene Machtposition festigen oder stärken. Zusätzlich können Gewinne erreicht werden, die ansonsten außerhalb der eigenen Reichweite lägen und Hinweise auf Kampfplätze in anderen Arenen mit anderen Akteuren geben. 

Gleichzeitig kann man sich aber auch die Frage stellen, ob das Schauspiel den Verhandlungsparteien und ihrem Zweck nicht auch schadet. Schließlich verliert man als Verhandlungspartei leicht an Glaubwürdigkeit und auch der Verhandlungsprozess kann bei den Zuschauern über die Zeit als ermüdend und fragwürdig wirken. Der ursprüngliche und legitime Sinn kann in der Wahrnehmung des Publikums über die Zeit an Bedeutung verlieren, da stattdessen ein vorhersagbarer, substanzloser, ausgehölter Prozess getreten ist. 

Sollte es soweit kommen wäre es doch äußerst bedauerlich und dramatisch. Schließlich geht es tatsächlich um wichtige Dinge. Vielleicht sollte man das noch stärker und häufiger bedenken, bevor man auf die Bühne tritt. 

Scheiben

Sobald man sich mit Verhandeln beschäftigt, stößt man früh auf die sogenannte Salamitaktik. Eine Verhandlungspartei nutzt dabei den Moment einer vermeintlichen Einigung, um scheibchenweise Nachforderungen zu stellen. Da die andere Partei die Einigung nicht verlieren will, ist - so die Überlegung - die Wahrscheinlichkeit von Zugeständnissen höher. 

Grundsätzlich mag es dieses bewusste Verhalten bei einigen Verhandelnden geben. In der Regel wird dieses Verhalten jedoch auftreten, weil Personen am Ende einer Verhandlung eine unerwartete Chance zu erkennen glauben und der Verlockung nach mehr nicht widerstehen können.

So menschlich das ist, so weitreichend können die Konsequenzen für eine langfristige Zusammenarbeit mit der anderen Verhandlungspartei sein. Denn dieses opportunistische Verhalten legt sich wie ein Schatten über die Verhandlung sowie die Beziehung. Dabei ist es unerheblich, ob das geforderte Zugeständnis das Ergebnis der anderen Partei überhaupt beeinflussen würde. Maßgeblich ist, dass das Gefühl der Fairness und die damit verbundenen Prozessinteressen bei der anderen Partei dadurch verletzt werden können.

Man sollte sich also gut überlegen, ob der kleine zusätzliche Nutzen im angemessenen Verhältnis zu den möglichen Konsequenzen steht. Ist das nicht Fall, sollte man lieber der Versuchung widerstehen und auf zusätzliche Gewinne verzichten. So wichtig können sie auch nicht sein, denn ansonsten wären sie ohnehin Bestandteil der bisherigen Verhandlung gewesen.

Schlüssel

Ein frühes Commitment zu einzelnen Positionen erschwert viele Verhandlungen, da hierdurch mögliche Verhandlungsergebnisse von vorneherein ausgeschlossen werden. Informationen und Erkenntnisse, die erst im Verhandlungsprozess zum Vorschein kommen, fließen damit nicht in die Entwicklung eines Verhandlungsergebnisses ein. Schließlich steht das bereits abgegebene Commitment unverrückbar im Weg. Verhandlerinnen und Verhandler sollten deshalb darauf achten, ein frühes Commitment zu verhindern und direkt nach der Abgabe eines Commitment bereits Auswege zu entwickeln, wie man Personen dabei helfen kann, gesichtswahrend wieder von der Position abzurücken. Man bietet also einen Schlüssel an, eine geschlossene Tür wieder zu öffnen.

Schmelzen

 Macht man in #Verhandlungen ein #Zugeständnis, erwartet man von der anderen Partei ebenfalls etwas Gleichwertiges im Gegenzug. Bleibt diese Erwartung unerfüllt, fühlt man sich unfair behandelt. Schließlich gehört es sich, ein Entgegenkommen auch angemessen zu erwidern.
Diese Reziprozitätsregel ist spätestens seit dem Buch "#Influence" von #Cialdini sehr bekannt.
Wie verhält es sich aber, wenn #Reziprozität eingehalten wird? Gibt es auch dabei etwas zu beachten? 
Auch hier gibt Robert Cialdini einen Tipp. Man sollte das Schmelzen des gewährten Wertes beachten. Der Wert einer erhaltenen Leistung sinkt mit der Zeit in der Wahrnehmung der anderen Person. 
Möchte man also eine gleichwertige Gegenleistung erhalten, sollte man nicht zu lange warten, diese auch einzufordern. Ignoriert man das, sollte man sich nicht wundern, wenn man enttäuscht wird.

Weitere wichtige Tipps zu Verhandlungen gibt es am 29. Juni bei der Verhandlungstagung. Noch gibt es Tickets auf der Website der Tagung und in Ausnahmefällen auch noch Teilnahmestipendien. 

Schneeballtaktik/Snowballing

In Verhandlungen kann es gerade bei sehr kompetitiven Personen vorkommen, dass wichtige Informationen zwar bereitgestellt werden, diese aber so gut in einer Masse an Informationen versteckt sind, dass man sie nicht oder nur mit viel Aufwand finden kann. 
Im Umgangssprachlichen wird dies auch gerne mit dem "Kleingedruckten" umschrieben, in dem die nachteiligen Aspekte versteckt werden. Es ist also schon alles da, aber eben nicht offensichtlich. 
Findet das Verschleiern bewusst und zielgerichtet in Verhandlungen statt, spricht man von der Schneeballtaktik oder dem Snowballing. 
Im Gegensatz zu anderen Taktiken gibt es bei der Schneeballtaktik keine leichte Abkürzungsmöglichkeit zum Ziel. 
Stattdessen gilt es durch geschicktes Fragen oder eine systematische, aufwendige Analyse der bereitgestellten Informationen das Relevante zu finden.
Eine andere Sache ist es, wenn die andere Partei aus Unwissenheit oder aus einer übersteigerten Offenheit zu viel weitergibt. Denn hier kann man im Dialog durch ein geleitetes Fragen, schnell zum Wesentlichen vordringen. Gleichzeitig sollte man sich auch selbst immer fragen, ob man aus Versehen die andere Partei mit zu viel Informationen überfrachtet.

Schnecke

Verhandlungen können sich manchmal in die Länge ziehen? Aber warum? Vor Verhandlungsbeginn hatte man mit einer schnellen Einigung gerechnet. Aktuell bewegt man sich aber unmerklich vorwärts. Die Schuld dafür ist natürlich bei der anderen Person zu suchen, die den Prozess verschleppt. Viele vergessen dabei, dass häufig Personen im Hintergrund für die Verzögerung verantwortlich sein können. Statt also sprachlich einen Gang hoch zu schalten und Druck auf die andere Person aufzubauen, sollte man deshalb in einem ersten Schritt die Gründe für die Verlangsamung in Erfahrung bringen. Tragen tatsächlich Personen im Hintergrund die Verantwortung für die Situation, kann man der anderen Partei Unterstützung anbieten. Braucht sie beispielsweise noch weitere Informationen oder kann man bestehende Informationen besser aufbereiten und zur Verfügung stellen. So sammelt man nicht nur Pluspunkte und Vertrauenspunkte bei der anderen Person, sondern lernt interne, sonst verborgene Entscheidungsprozesse kennen und kann auf diese sogar noch positiv Einfluss nehmen. 

Schreiben

Wir führen Verhandlungen oftmals nicht im persönlichen Gespräch, sondern nutzen E-Mails als Kommunikationsmittel. E-Mails sind gerade für Verhandlungen von Vorteil, da Studien zeigen, dass dadurch die Qualität der Argumente an Bedeutung gewinnt und Verzerrungen aus dem persönlichen Kontakt ausgeschaltet werden. Man kann die eigene Antwort auch selbst besser durchdenken und die eigene Position klarer zum Ausdruck bringen.

Verhandlungen per Mail sind aber auch problematisch. So zeigen Studien, dass durch die E-Mail-Kommunikation wichtige Hinweise fehlen, die wir im persönlichen Gespräch sammeln könnten. Es fällt schwer die Gefühlslage der anderen Person richtig einzuschätzen, die Hierarchie von Interessen lässt sich nur aus dem Text ablesen und man neigt dazu, Dinge weniger diplomatisch zu schreiben. Das alles kann erklärt, weshalb Verhandlungen per Mail oftmals schwieriger verlaufen und eine emotionale Eskalation wahrschenlicher wird. 

Selbstverständlich kann man die negativen Aspekte reduzieren. Beispielsweise kann man vor Beginn der E-Mail-Verhandlung das persönliche Gespräch suchen und sich auf die Art und Weise des Austausches einigen. Was immer hilft, ist das Bewusstwerden, dass die Empfängerin oder der Empfänger der eigenen Nachricht ein Mensch ist, mit Stärken und Schwächen, mit Interessen und Ängsten. Das klingt recht banal, aber wenn man ehrlich zu sich ist, stereotypisiert man die andere Person doch recht häufig und die Vereinfachung ist dann auch nicht besonders schmeichelnd für die andere Person.

Schutz

Walmart, Amerikas größter Einzelhändler hat eine neue Botschaft an seine Lieferanten gesendet: "Wir werden keine höheren Preise mehr zahlen." Diese unmissverständliche Warnung sprach der Vorstandsvorsitzende Doug McMillon selbst letzten Monat aus, als er vor Unternehmen auftrat, die ihre Produkte über Walmart verkaufen. 
Walmart ist nicht das einzige Unternehmen, das gerade damit beginnt, seine bestehende, distributive Verhandlungsstrategie weiter zu verschärfen oder von einer kooperativen zu einer distributiven Strategie zu wechseln. 
Anstatt auf gemeinsame Gewinne zu setzen, wird der Fokus von vielen Unternehmen bedingt durch die zahlreichen Krisen und die Verschlechterung der Wirtschaftslage auf den eigenen Vorteil gelegt. 
Verhandlungstaktiken, die diese Denkweise verkörpern sind damit wieder verstärkt in Mode und werden nachgefragt.
Es bestehen aber berechtigte Zweifel, ob dieses Vorgehen tatsächlich zielführend und langfristig erfolgreich sein wird. Schließlich hat die Vergangenheit gezeigt, dass kooperatives Verhalten die eigentliche Gewinnbasis darstellt. 
Eine Abkehr davon mag kurzfristig Nutzen erzeugen, aber man sollte die damit verbundenen Gefahren nicht vergessen. 
Ungeachtet dessen werden sich viele Verhandlungen in nächster Zeit im Charakter verändern. 
Es gilt sich also zu schützen und auf die neue Situation einzustellen. Der Umgang mit distributiven Taktiken ist zu trainieren, damit man in Verhandlungen eigene und geteilte Interessen durchsetzen kann. Gleichzeitig wird es notwendig sein, auch in diesen Verhandlungen wieder an das Gemeinsame und Geteilte zu erinnern. Auch das gilt es vorab zu durchdenken und zu üben.

Spiegel

Das eigene Verhalten wird in Verhandlungen oftmals von der anderen Partei gespiegelt. Beginnt man eine Verhandlung in feindseliger und aggressiver Weise, antwortet die andere Partei in ähnlicher Form. Zudem erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eigene Forderungen rücksichtlos durchsetzen zu wollen. 

Wählt man dagegen eine freundliche und offene Verhandlungsführung, erhöhen sich die Chancen, dass auch die andere Partei in gleicher Weise auftritt. Damit steigt die Chance, dass Verständnisbereitschaft entsteht, ein besseres Zuhören stattfindet und vertrauensvoller nach Möglichkeiten gesucht wird. 



Spielfeld

Verhandlungen entsprechen in vielen Aspekten einem Fussballspiel, bei dem man den Platz betritt und dort auf die andere Mannschaft trifft. Sobald das Spiel durch die Schiedsrichterin freigegeben ist, verengt sich die Wahrnehmung auf das Geschehen auf dem Spielfeld. 

Hat man Kontrolle über das Spiel, wird die gewählte Taktik aufrecht erhalten und verfeinert, um die Kontrolle zu erhöhen. Merkt man hingegen, dass die Kontrolle fehlt, wird die gewählte Taktik verändert und angepasst, um Zugriff auf das Spiel zu gewinnen und das Machtverhältnis zu eigenen Gunsten zu drehen. 

So logisch das ist, so falsch kann diese Herangehensweise in beiden Fällen sein und eine Niederlage verursachen. Denn manchmal liegt der Schlüssel für den Erfolg außerhalb der spielenden Mannschaften auf dem abgestreuten Spielfeld. 

Ein Einwechselspieler kann beispielsweise die Dynamik und das Gefüge des Spiels vollkommen verändern. Die Zuschauer auf den Rängen können durch ihr Verhalten das Geschehen des Spiels nachhaltigen beeinflussen. 

All das gibt es auch in Verhandlungen. Verändert man die Verhandlungsmannschaft durch das Ein- oder Auswechseln einer Person, kann sich die Verhandlung dadurch dramatisch verändern. Bislang unbeteiligte Personen außerhalb der Verhandlung können eingebunden werden, um die andere Seite außerhalb der Verhandlung zu erreichen und zu beeinflussen. 

Vor und während der Verhandlung gilt es also das Spielfeld nicht nur auf den offensichtlichen und naheliegenden Bereich zu begrenzen, sondern über die Seitenlinien zu schauen und sich der Bedeutung der möglichen Einflussgruppen außerhalb des Spielfelds bewusst zu werden. 

Spuren

Häufig gilt es in Verhandlungen zwischen unterschiedlichen Gruppen zu vermitteln und die Interessen miteinander in Einklang zu bringen. Dazu muss man sich auf Spurensuche begeben. Wo liegen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den jeweiligen Interessen der Gruppen? Wo existieren einseitige Interessen, die bei anderen Gruppen keine bedeutende Rollen spielen? Je mehr Gruppen beteiligt sind und berücksichtigt werden müssen, desto schwieriger wird die Aufgabe.
Während seiner Zeit als Vorsitzender des Militärausschusses der NATO, stand Harald Kujat häufiger vor dieser Aufgabe. Er musste die Interessen der NATO-Mitglieder verstehen und für eine Einigung in Einklang bringen. Dass bei der NATO, das Konsensprinzip gilt, machte die Aufgabe noch schwieriger. Schließlich müssen alle dem Vorschlag zustimmen. 
Herr Kujat löste die Aufgabe, indem er sich zuerst einen Überblick über die Ausgangslage verschaffte und die einzelnen Interessen in einer Übersichtstabelle festhielt. So war es leicht, die kritischen Punkte zu identifizieren, die verhandelt werden mussten. Mit diesem Wissen ging es dann in die konkreten Verhandlungen, in denen mit Geschick und Gespür eine Lösung erarbeitet wurde.

Stille

In der Vorbereitung auf Verhandlungen machen sich viele Gedanken, um die Gesprächsführung. Wie soll das Gespräch strukturiert sein? Welche Begriffe sollte man nutzen oder vermeiden? Wie gelingt es, einen Dialog zu starten? Wie erhalte ich den Redefluss der anderen Partei? 

Worüber dagegen häufig nicht nachgedacht wird, ist die Bedeutung von Stille. Stille entsteht gerade dann, wenn alle alles gesagt haben. Man braucht aber noch Zeit, um das Gesagte einzuordnen und zu verstehen oder wenn eine Entscheidung ansteht. Sie tritt auch auf, wenn es zwischen den Parteien einen offenen Interessensunterschied gibt. 

Stille tritt somit häufig dann auf, wenn sich die Verhandlung in einer wichtigen Phase befindet. Anstatt direkt weiterzureden und die Stille zu vermeiden, sollte man viel mehr die Stille zulassen und warten, was passiert. Für Dr. Angela Kölbl (Head of Global Litigation, Mercedes-Benz Group AG) hat sich dieses Vorgehen bewährt, weshalb sie diesen Tipp den Teilnehmenden des Verhandlungssalons mitgab. 

Strudel

Der Umgang mit Selbstgerechtigkeit stellt in Verhandlungen eine der größten Herausforderungen dar. Sie führt dazu, dass Argumente nicht mehr gehört und Positionen eingenommen werden, die ein Vorankommen in der Verhandlung erheblich erschweren oder sogar vollständig verhindern. Denn im Modus der Selbstgerechtigkeit wird eine Position der inhaltlichen und moralischen Überlegenheit eingenommen und nicht mehr in Frage gestellt. Selbstgerechtigkeit wirkt dabei wie ein Wasserstrudel der alles und jeden in die Tiefe zieht. Kontrolle ist verloren; ein Ausweg nicht erkennbar. 

Wie sollte man nun damit umgehen, wenn man das Gefühl hat, mit Selbstgerechtigkeit konfrontiert zu sein. Ist die andere Verhandlungspartei von ihr eingenommen, gilt es sich disziplinieren und auf der sachlichen Ebene zu verharren. Jeder persönliche Hinweis oder Anmerkung würde umgehend in eine Angriffswaffe umgewandelt, die die gefühlte Überlegenheit nur noch stärkt. Selbstgerechtigkeit ebbt über die Zeit ab. Schafft man es bis dahin die Sachlichkeit gewahrt zu haben, öffnen sich wieder Gesprächsmöglichkeiten. 

Hat die Selbstgerechtigkeit Besitz von einem selbst ergriffen, muss man die Symptome der Selbstgerechtigkeit bei sich kennenlernen, verstehen und mit diesem Wissen frühzeitig gegen den Strudel ankämpfen, um sich wieder zu befreien.

Bei einem selbst und im Umgang mit anderen ist ein sanfter, erzwungener Perspektivwechsel eine gute Taktik, die wachrütteln kann.

Symbolwert

Vor 25 Jahren flogen die beiden Netflix-Gründer, Reed Hastings und Marc Randolph, nach Seattle, um mit Amazon über einen Verkauf des Unternehmens zu sprechen. Am Ende der Verhandlung bot Jeff Bezos den Gründern einen Betrag von 15 Millionen EUR für das Unternehmen.

Wie wir alle wissen, schlugen Reed Hastings und Marc Randolph dieses Angebot aus und schufen in den folgenden Jahren ein globales Vorzeigeunternehmen, das eine ganze Branche und unser Konsumverhalten veränderte. Ihr Culture-Deck, in dem die Unternehmenswerte und die -kultur erklärt werden, wird von vielen zu den wichtigsten Dokumenten im Silicon Valley gezählt und hat viele Unternehmen nachhaltig beeinflusst.

Auch wenn es nie zum Verkauf kam, war der genannte Preis dennoch von enormer Bedeutung. Denn mit dem Preisvorschlag erhielten Hastings und Randolph eine Bestätigung dafür, was sie geschaffen hatten. Ein vielversprechendes Unternehmen für das man 15 Millionen EUR bezahlen wollte. Wirklich herausragend für ein Unternehmen, das erst 12 Monate aktiv ist. 

Viel wichtiger war jedoch, dass die beiden Gründer einen imaginären Preis dafür zahlten, weiterhin an ihrer Idee zu arbeiten. Marc Randolph spricht deshalb auch davon, dass die Verhandlung eine "Commitment Ceremony" war.

Sweeteners


Manchmal braucht es noch einen kleinen Schubs, damit eine Verhandlung abgeschlossen werden kann. Diesen letzen Impuls können Sweeteners erzeugen. Sie machen das vorhandene Angebot noch etwas schmackhafter und können genau diese Wirkung entfalten. Der Einsatz von Sweeteners sollte jedoch immer mit Bedacht gewählt werden. Erstens sollte ein Sweetener einen zusätzlichen und wirklichen Wert für die andere Verhandlungspartei bieten. Zweitens ist darauf zu achten, dass dadurch nicht der Verhandlungsprozess selbst noch einmal geöffnet wird und eine bestehende Eingung grundsätzlich in Frage gestellt wird. Drittens gilt es das Gefühl einer Überrumpelung oder Manipulation zu vermeiden. Ein gut gemeintes Angebot kann schnell Skepsis erzeugen und die eigene Person in ein schlechtes Licht rücken. Viertens ist auch die langfristige Wirkung zu beachten. Verwendet man Sweeteners häufiger oder sogar standardmäßig, kann damit eine Erwartungshaltung bei der anderen Person erzeugt werden. Ein Sweetener wird damit automatisch erwartet und ein Ausbleiben verringert die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis oder verhindert gänzlich eine Einigung.

Kommen Sie auf mich zu!

Deutschland

* Ja, ich möchte per E-Mail über Marketing-Updates, Neuigkeiten sowie Sonderangebote von Euch informiert werden. Ich kann meine Einwilligung jederzeit widerrufen, indem ich auf den "Abmelden"-Link in einer beliebigen Marketing-Mail klicke oder Euch dazu eine E-Mail schicke.

Es gilt unsere Datenschutzerklärung.